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Nichts tun – wie geht das?



gemopst von less work more zen

 

> Wir sind fast immer online und permanent erreichbar.
> Wir befürchten, etwas zu verpassen, abgehängt zu werden.
> Gleichzeitig spüren wir, dass unsere Zeit immer knapper wird, die Tage und Wochen nur so dahinfliegen.

 

Wir sehnen uns nach Muse und Nichtstun und wünschen uns trotzdem schnellere Datenleitungen und noch bessere Handys. Was paradox klingt, ist das Dilemma, in dem die meisten von uns stecken.
 
Kaum eine Vorstellung weckt mehr Sehnsüchte und Phantasien als die, endlich mal nichts zu tun. Und dann steht die Realisierung dieses Wunsches an und man hat keine Ahnung, wie man die Zeit rumkriegen soll.
 
Im Urlaub schaffen wir das – manchmal. Wenn wir Glück haben, gondeln wir einfach so durch die Gegend. Folgen unserer Neugier, entscheiden aus dem Bauch. Machen Pause, wenn uns danach ist. Zurück im „normalen Leben“ fällt es uns dagegen unendlich schwer, einfach mal nichts zu tun.

 

Wir haben das Gleichgewicht zwischen Tun und Nichtstun verloren.

 

Wenn ich mir heute Zeit für mich nehme, dann weiß ich, wie das geht: das Nichtstun. Ich habe gelernt, welche Voraussetzungen ich schaffen muss, damit ich mich wohl fühle. Ich weiß, dass ich eine bestimmte Struktur brauche, um nicht in ein Loch zu fallen.
 
Wenn sie mal wieder auftaucht, diese Sehnsucht nach der Stopptaste, nehme ich sie ernst und gönne mir Zeit.
Einen Nachmittag oder ein paar Tage. Weg von allem.
 
Wenn mir dieser immerwährende Fluss des Lebens zu viel wird, ich das Gefühl habe, dass überall immer nur Herausforderungen lauern, dann weiss ich, dass ich dringend etwas tun muss. Dann ist es Zeit, mich für eine Weile aus dem Verkehr zu ziehen, um nicht in den Strudel aus Überforderung und Erschöpfung zu geraten.

 

Also tue ich nichts oder zumindest nicht viel.

 

Das heißt nicht unbedingt, dass ich einfach nur rumsitze. Kann es aber.
Wichtig ist: Ich gebe der Zeit eine Struktur, die ich brauche, um sie wirklich genießen zu können.

 

Himmel und Hölle

 

Das war aber bei weitem nicht immer so. Noch vor ein paar Jahren habe ich den Wunsch nach Pause entweder erfolgreich ignoriert oder abrupt alles stehen und liegen gelassen. Prompt bin ich in ein tiefes Loch gefallen. Ich fühlte mich so fremd in mir. Es war als falle ich auf mich selbst zurück. So hatte ich mir meine freie Zeit nicht vorgestellt.

 

Nichtstun kann manchmal überwältigend sein
– vor allem wenn wir es plötzlich und zu viel machen.

 

In mir tobte eine Stimme, die ich nicht ignorieren konnte. Sie sagte mir, was noch alles zu tun sei und wie ich die Zeit doch viel nützlicher verbringen könnte. Die Ruhe wollte sich einfach nicht einstellen.
Oft war das so unangenehm, dass ich lieber freiwillig wieder an meinen Schreibtisch zurückgekehrt bin.

 

Wir haben Angst vor den Momenten völliger Entspannung, weil wir sie als verlorene Zeit empfinden“.

 

So beschreibt das Frédéric Lenoir, einer der renommiertesten Philosophen und Soziologen Frankreichs dieses Gefühl.

 

Nichts tun – wie geht das?

 

Wir haben die Kunst des Müßiggangs nicht gelernt. Sich Zeit zu nehmen ist etwas Fantastisches – doch wir wissen nicht wirklich, wie es geht. Da hilft es, sich über die eigene Motivation Gedanken zu machen und zu überlegen, was man braucht, um zur Ruhe zu kommen.

 

Wenn mir alles zu viel wird und ich mich für eine paar Tage für eine Auszeit zurückziehe, achte ich daher darauf, meinem Tag eine gewisse Struktur zu geben. Es braucht einen guten Ort, am besten mitten in der Natur.
Ich schnappe mir ein fantastisches Buch – keinen Roman, der mich ablenkt, sondern ein Buch dass mich anregt, mich mit mir selbst zu beschäftigen. Inhalte, die mich aufbauen und stützen.

Ganz wichtig: ein Tagebuch, damit ich meine Gedanken aufschreiben kann, denn das ist meine Art, Lösungen zu finden.
 
Ich starte den Tag mit einer Meditation. Das hilft mir, von Beginn an bei mir zu sein. Und ich setzte eine Intention, um dem Tag eine Richtung zu geben.
 
Mit diesem Setting bin ich perfekt ausgestattet – für die Zeit, die nun ganz mir gehört.

Aber jeder Mensch ist anders und wir brauchen alle unterschiedliche Rahmenbedingungen, um abschalten zu können. Bevor du also in deine Auszeit startest, ist es sinnvoll, sich einige Gedanken zu machen.
 
Beantworte hierfür folgende Fragen:
 
Was motiviert dich?
Willst du wirklich nichts tun?
Oder hoffst du einfach, nicht länger das tun zu müssen, was du gerade machst?
Geht es dir vielleicht eher darum, das Richtige zu tun? Das, was Freude aber vielleicht auf den ersten Blick wenig Sinn macht?
 
Welcher Typ bist du?

Brauchst du eher Bewegung um runterzukommen oder sehnst du dich nach Stille?
Was hilft dir, innehalten zu können?
Wann warst du das letzte Mal so richtig bei dir?
Was hast du da gemacht?
Welche Rahmenbedingungen helfen dir, bei dir selbst anzukommen und die Zeit für Dich zu nutzen?
Schaffst du es, alleine zu sein?
 
Wie fängst du an?

Schau, ob sich das positive Erlebnis wiederholen lässt. Was war es genau, was dir so gut getan hat?
Kannst du das Gefühl zurückholen?
 
> Starte mit kleinen Schritten. Entscheide dich bewusst für das Nichtstun.
> Schaffe aktiv Freiräume und sag deinem Umfeld Bescheid, dass du nicht gestört werden willst.
> Probiere aus, was dir gut tut. Und tu das dann immer wieder.
> Etabliere eine (Nichtstun-) Routine.
 
Wenn du weißt, was du brauchst, um dich wohl zu fühlen, bist du schon einen riesigen Schritt weiter!
Jetzt bist du bereit für ein Abenteuer: ein paar Tage Auszeit!
Suche dir einen guten Ort, an dem du dich fallen lassen kannst und genieß die Zeit, die nur dir gehört.

 

Und dann? Reine Magie!

 

Wenn du weißt, was du brauchst, um dein Nichtstun wirklich genießen zu können, wirst du diese Zeiten einfach nur lieben. Du wirst schneller erkennen, wenn es mal wieder an der Zeit ist, eine kleine Auszeit zu nehmen. Und deine Routine kann dir helfen, einfacher abzuschalten und schneller runterzukommen.
 
Wissenschaftler und Psychologen bestätigen, wie wichtig Auszeiten und Momente des Nichtstuns sind. Neben der Regeneration stärken sie auch das Gedächtnis und fördern Kreativität und das seelische Gleichgewicht.
 
Wir brauchen diese schöpferischen Pausen also nicht nur um gesund zu bleiben, sondern sie haben das Potential, dich wirklich voran zu bringen, wie dieser Artikel in der „Welt“ beschreibt.
 
Regelmäßige Auszeiten helfen, das Richtige und nicht das Naheliegende zu tun. Du gibst dir selber die Wahl und schaltest nicht auf den Autopiloten, der sonst die meisten Stunden des Tages dein Leben bestimmt.

Und nicht selten erlebst du diesen magischen Augenblick, in dem die Lösung plötzlich klar vor dir liegt. Wenn du plötzlich weißt, welcher Schritt der richtige ist. Denn obwohl du schon lange nachgedacht hast, brauchte es dieses Innehalten, um ihn zu erkennen.
 
Und? Wie verbringst du deine Zeit des Müßiggangs?

Hast du einen Tipp für uns? Und was bringt dir die Zeit des Nichtstuns?

 

 


Ein praktischer Leitfaden zu innerer Freiheit

 

Innere Freiheit und Unabhängigkeit können nach Patanjali nur dann erreicht werden, wenn es gelingt, durch einen bewussten Umgang mit den Störfaktoren des Geistes deren Einfluss auf die eigene Wahrnehmung und das Handeln abzuschwächen. Der achtgliedrige Pfad stellt eine Art Hilfsprogramm zur Überwindung der Kleshas dar; er besteht aus einer Reihe konkreter, praktischer und auch heute noch sehr lebensnaher Vorgehens- und Verhaltensweisen.

Der achtgliedrige Pfad auf einen Blick

 

1. Yamas – der Umgang mit der Umwelt
2. Niyamas – der Umgang mit sich selbst
3. Asana – der Umgang mit dem Körper
4. Pranayama – der Umgang mit dem Atem
5. Pratyahara – der Umgang mit den Sinnen
6. – 8. Samyama – der Umgang mit dem Geist

6. Dharana – Konzentration
7. Dhyana – Meditation
8. Samadhi – Das Höchste: Die innere Freiheit

 


Kein gradliniger Pfad

Patanjalis Ashtanga Marga (sanskr. ash: acht, anga: Glied eines Körpers, marga: Pfad) wird zwar als achtgliedriger Pfad bezeichnet, ist aber nicht so zu verstehen, dass notwendigerweise ein Schritt nach dem anderen gegangen werden müsste. Jedes Glied (vor allem die ersten fünf) gewährt einen Einstieg, auch wenn die meisten Menschen, die sich dem Yoga nähern, mit der Asana-Praxis beginnen. So entwickelt sich das Einhalten der Yamas, der Verhaltensregeln für den Umgang mit der Umwelt, und der Niyamas, der Regeln für den Umgang mit sich selbst, häufig erst durch die Asana-Praxis. Manche integrieren Pranayama- und Meditationsübungen erst nach jahrelanger Übung in ihre Praxis. Das Ziel des Yoga aber bleibt, alle Glieder möglichst zeitgleich gleichwertig zu berücksichtigen und auf dem eigenen Weg mit Leben zu füllen.

Ein lohnenswerter Weg

Die einzelnen Glieder des achtgliedrigen Pfads – das wusste bereits der Verfasser der Yoga-Sutras – lassen sich nur langsam entwickeln. An den Punkt der vollkommenen Freiheit zu gelangen, ist mehr als schwierig (was auch jedem sofort einleuchtet, der es jemals versucht hat). Daher ist er als ein ständiger Prozess zu betrachten, in dem man sich kontinuierlich weiterentwickelt, und keineswegs als ein schneller Weg zur Erleuchtung. Doch auch wenn es vielleicht nie gelingen wird, sich von seinen Kleshas und seinen Samskaras ganz zu befreien, stellt er einen überaus lohnenden Weg dar: Mit kontinuierlicher Praxis und mit einem offenen Geist und offenen Herzen (in dem für Patanjali die Selbstkenntnis des Menschen verborgen liegt) für das, was im Yoga geschieht, kann man sich Schritt für Schritt von den eigenen Mustern und Blockaden, den Meinungen und Erwartungshaltungen anderer befreien. Zumindest lässt sich dabei lernen, diese zunehmend besser zu erkennen und bewusster mit ihnen umzugehen. Und wer weiß: Vielleicht erreicht man eines Tages doch die ganz große innere Freiheit!

Üben, üben – und nochmals üben

Um den Einfluss der Kleshas zu mindern und den Geist zu klären, ist es erforderlich, beharrlich zu üben sowie den Gedanken loszulassen, dass das Üben sofort Resultate mit sich bringen muss. Jeder sollte eine ihm angemessene Anstrengung auf sich nehmen und diese über einen längeren Zeitraum beibehalten. Darüber hinaus gilt es, alles andere (was zudem vielfach nicht in der eigenen Macht steht) loszulassen und das bedeutet, so anzunehmen, wie es kommt. Bei beidem hilft das Grundvertrauen darauf, dass man sich auf dem richtigen Weg befindet.